Die Kunde, eine Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft für die Urgeschichte Nordwestdeutschlands, beinhaltet im Heft 7/8 des Jahrgangs 1935 einen Bericht über das Steingrab am Radberg in Rentrup.

Zeichnung: Abbildung 1. Seitenansicht vor 100 Jahren (also 100 Jahre vor 1926 = 1826.

Zeichnung: Abbildung 2. Seitenansicht 1926.

Das Riesensteingrab auf dem Radberg (Kreis Lingen/Ems).

Denkmalpflege vor 100 Jahren.

Im Allgemeinen herrscht die Auffassung, dass wir erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit ein Denkmalschutzgesetz besitzen. Dies stimmt jedoch nicht, denn ein solches hat schon zu hannoverscher Zeit vor rund 100 Jahren bestanden, wie aus dem abgedruckten Bericht hervor geht. Dieser wird Herrn Kreispfleger Hilkenbach in Lingen verdankt, der ihn zusammen mit anderen sehr bemerkenswerten Beiträgen bei einer systematischen Durchsicht in den alten Akten der Regierung zu Osnabrück entdeckt hat.
Die Vermessung des Riesensteingrabes auf dem Radberge nach Grundriss und Seitenansicht entspricht völlig unseren heutigen wissenschaftlichen Anforderungen und bleibt dadurch ein nicht hoch genug zu bewertendes Dokument. Um dies zu veranschaulichen, wurden den alten Plänen die Neuaufnahmen der hannoverschen Landesaufnahme von 1926 gegenüber gestellt, deren Tätigkeit als vorbildlich für das reich galt. Unschwer ließ sich die außerordentliche Übereinstimmung feststellen, die sich sogar auf solche Einzelheiten wie die Form der Decksteine in der Seitenansicht erstreckt. Mit besonderer Befriedigung darf vermerkt werden, dass durch den wirksamen Schutz der letzten 100 Jahren kein Stein verschwunden oder auch nur in seiner Lage verändert worden ist.
Die Entdeckung des Herrn Hilkenbach gibt uns die Hoffnung, dass sich auch noch in anderen Archiven wertvolle Beiträge für unsere Denkmalpflege finden werden.
Die Schriftleitung

An
Königliche Landdrostei zu Osnabrück.
Bericht des Amtes Freren vom 23. Februar 1839
Betr.
Die Hünengräber.
In Gemäßheit des hochverehrlichen Rescripts Königlicher Landdrostei vom 22/24 vom Monat, Nr. 639 beehren wir uns Folgendes gehorsamst zu berichten:

In dem hiesigen Amtsbezirke sind verschiedene Hünengräber noch vorhanden und zwar:
I.
II.
III.
IV. In der Vogtei Lengerich ist nur ein Hünengrab vorhanden, welches in der Langer Mark im Radberge – einem Königlichen Forstrevier – Thuine gegenüber in den Kiefern versteckt belegen ist und aus 64 großen Kieselsteinen besteht.

Die von dem Obervogt Müller darüber aufgenommene Handzeichnung beehren wir uns Königlicher Landdrostei gehorsamst zu überreichen (Abbildung 1 und 3).

Seit Menschengedenken ist in der Vogtei Lengerich nur ein bedeutendes Hünengrab zerstört worden, welches sich in dem Land des Colon Frerik in Langen befunden hat (gemeint ist hier das Großsteingrab südlich am Ochsenberg) und vor einigen Jahren durch Sprengen und Wegfahren der Kiesel größtenteils verschwunden ist. Es sollen noch Steine unter der Erde liegen und dort mehrere Urnen gefunden worden seyn.
In älterer Zeit sind in den Bauerschaften Langen und Gersten mehrere Gräber ohne Zweifel vorhanden gewesen, indes weiß man die Stellen nicht mehr nachzuweisen. Dagegen ist in neuerer Zeit vielfach nach Urnen gegraben worden.

Was nun die Conservation der vorhandenen Hünengräber betrifft, so dürfte deren Erhaltung im höchsten Grade wünschenswert seyn und dürfte es zu diesem Ende zweckmäßig erscheinen, wenn

  1. 1. die Geistlichen durch ihre vorgesetzten Ortsbehörden angewiesen würden, durch Belehrung auf das Gemüth des gemeinen Volkes einzuwirken und dasselbe von der Zerstörung solcher alten Denkmäler möglichst ab zu halten, wodurch in hiesiger Provinz der Zweck wohl am besten erreicht werden mögte;
  2. 2. wenn den Forstbedienten baldigst aufgegeben würde, die in den Königlichen Forsten vorhandenen Hünengräber häufig zu besichtigen und auf diese Weise in Schutz zu nehmen, da zu befürchten steht, dass die in der Kunkenvenne und im Radberge vorhandenen großen Grabsteine zum Chausseebau verkauft werden, zumal die Chaussee von Osnabrück nach Lingen nicht weit davon entfernt liegt, die Steine für die Bremer Chaussee hauptsächlich geliefert werden;
  3. 3. wenn durch eine Verordnung jede Beschädigung der Hünengräber und der darauf befindlichen Steine bei nachdrücklicher Strafe untersagt würde.

Einer solchen Unterredung dürften auch in Beziehung auf die in Privatgründen vorhandenen Hünengräber überall keine Bedenken entgegen stehen, vielmehr solche Verordnung für die Niedergrafschaft Lingen durch die Bestimmungen des A.L.R. § 29 bis 36 und § 190 tit. o. th. I. völlig gerechtfertigt erscheinen.

Mit dieser Ansicht ist auch Bielitz gänzlich einverstanden, indem derselbe in seinem Commentar zum A. L. R. und zwar zu den allegirten § 35 l.c. folgende Bemerkung macht:

„In Ansehung der in diesem § enthaltenen Vorschrift macht es keinen Unterschied, ob derjenige, der das Denkmal wegnehmen will, es selbst errichtet hat oder nicht. Auch leidet es keinen Zweifel, dass diese Vorschrift bei den auf Privateigentum stehenden Denkmälern, dafern es keine Privat-, sondern öffentliche Denkmäler sind, ebenfalls in Anwendung kommen muss. Die Erlaubnis zur Wegnahme eines öffentlichen Denkmales ist übrigens bei der Polizeiobrigkeit des Ortes zu suchen, und wenn diese sich verweigert, so kann deshalb kein Proceß gegen sie angestellt, sondern blos der Recurs an die ihr vorgesetzte Behörde genommen werden. Sollte aber jemand ohne vorherige Erlaubnis ein Denkmal von einem öffentlichen Orte weggenommen haben, so wird er deshalb von der Polizeiobrigkeit nicht zur Verantwortung zu ziehen und zu bestrafen, sondern auch zur Wiederherstellung des Denkmals zu verurtheilen und anzuhalten seyn.“
Auch ist zufolge der Strombeckschen Ergänzungen zum A.L.R. Bd. I § 201 in neuerer Zeit im Preußischen ein Ministerial Rescript vom 30. December 1823 erlassen worden, durch welches unbedingt und ohne Rücksicht auf Privat- und öffentliches Eigenthum bestimmt worden ist, dass die Regierungen verantwortlich seyn sollen, dass die in ihrem Bezirk vorhandenen alten Kunstgegenstände und Denkmäler oder geschichtlichen Merkwürdigkeiten u.s.w. nicht zerstört oder so vernachlässigt werden, dass ihr Untergang die Folge ist.
Königlicher Landdrostei geben wir die höhere Entscheidung gehorsamst anheim.
Gez. Unterschriften.
Situationszeichnung
von dem Hünengrabe in der Königlichen Forst s. g. Radberg.
Langener Mark, Vogtei Lengerich.

Zeichnung, Abbildung 3. Grundrißplan bei den alten Akten der Regierung in Osnabrück.

Zeichnung: Abbildung 4. Grundrißplan nach der Neuaufnahme 1926 durch das Landesmuseum Hannover.

Das Riesensteingrab auf dem Radberg (Krs. Lingen/Ems).

  1. 1. Das steinerne Denkmal liegt 72 Schritte von der Westgrenze der Umwallung der Königlichen Forst Radberge. Mitten in einer Fichtenbesamung versteckt, welche 15 Jahre stehen mag; im Osten des Grabmales liegt das vor wenigen Jahren abgebrannte Tannenrevier und ½ Stunde weiter nach Osten das Dorf Thuine. Weiter nach Süden oberhalb des Radberges läuft die Chaussee von Osnabrück nach Holland.
  2. 2. das Terrain, wo das Grabmal befindlich, ist durchaus nicht erhöhet, vielmehr auf einer ebenen Fläche.
  3. 3. Unter dem Grabmal und an den Seiten scheint schon nach Urnen gegraben zu sein, und hierbei werden die auf der anliegenden Zeichnung bemerkten Kreissteine wahrscheinlich schon vom Mittelpunkt verschoben sein, die südlich gelegenen Steine haben sich auch schon sehr in die Erde gesenkt, liegen nicht regelmäßig und der Deckstein ist schräg eingesunken.
  4. 4. Gegenüber stehende Zeichnung weiset die Lage und Größe der Steine nach mit Angabe der Entfernungen voneinander. Auf der 4. Seite ist eine Seitenansicht angebracht.
  5. 5. Das Grabmal enthält in der Länge von Nord-Ost nach Süd-West 41 Lager- mit 3 Decksteinen, dazu rings umher zerstreut 20, Sa. 64 Kiesel. Die Lage der Steine stehen 3 Fuß über der Erde. Die größten halten im Durchmesser 2 ½ Fuß, 3 Decksteine halten jeder in der Länge 6 Fuß, in der Breite 4 Fuß, im Durchmesser 3 Fuß.
  6. 6. Die Länge des Grabmales ist 28 Schritte, die Breite desselben 15 Schritte, die Höhe des mittelsten Grabmals 6 Fuß über der Erde.
    Der ganze Umkreis ist 76 Schritte.

Lengerich, den 13. Februar 1839. Der Amtsvogt, gez. Müller.