Reise in die Vergangenheit mit dem Heimatverein Langen vom 22. – 26. Juni 2016

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Dauerausstellung unseres Heimatvereins zum Heuerlingswesen in der Gemeinde Langen stießen wir auf die Geschichte der Familie Thien, die früher im Langener Ortsteil Ruten wohnte. Sie hatte einen Heuerlingsvertrag mit dem Bauern Grote. Im August 1928 gaben sie ihre Heuerlingsstelle auf und wanderten nach Giesenbrügge , Kreis Soldin, in der Neumark Brandenburg aus um sich dort eine eigene Existenz aufzubauen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges musste sie Im Zuge der Vertreibung im August 1945 den mühevoll aufgebauten Betrieb aufgeben und kehrte in das Emsland zurück.

Wir nahmen diese Familiengeschichte zum Anlass vom 22. – 26. Juni 2016 eine Fahrt nach Polen zu planen. Das Interesse war groß und so nahmen 48 Personen an dieser Reise teil. Unter den Fahrtteilnehmern befanden sich auch. einige Angehörige der Familie Thien und sogar zwei Zeitzeugen, die in Giesenbrügge geboren sind.

Am Mittwoch, dem 22. Juni ging die Fahrt zunächst an Hamburg vorbei über die Ostseeautobahn nach Rövershagen in der Nähe von Rostock. Auf „Karls Erdbeerhof“ machten wir eine größere Pause. Die Größe und Originalität dieser Freizeitanlage beeindruckte uns. Dann ging es weiter Richtung Osten bis Stettin. Dort bezogen wir unsere Zimmer im „Radisson Blu“ Hotel, das für die nächsten Tage unsere Herberge sein sollte.

Am nächsten Morgen lernten wir Peter, unseren polnischen Reiseleiter kennen, der uns die nächsten Tage begleitete. Ausgeruht und gut gestärkt starteten wir zu einem Ausflug an die polnische Ostseeküste. Wir besuchten Gollnow, Cammin, Dierenow und das Seebad Misdroy auf der Insel Wollin. In Swinemünde gelangten wir mit der Fähre in die Altstadt, wo Peter uns viele Sehenswürdigkeiten zeigte.

Der darauf folgende Tag war der Höhepunkt unserer Reise. Wir fuhren ca. 70 km durch die weite Landschaft Pommerns zu Orten in denen ehemals deutsche Ostsiedler bis zur Vertreibung im Jahr 1945 gelebt haben.

In dem kleinen Ort Gizyn, so heißt Giesenbrügge heute, erregte unser deutscher Reisebus Aufsehen. Man begegnete uns aber mit freundlichem Interesse.

In Gizyn gibt es ca. 100 Häuser, eine zerfallene evangelische Kirche und eine gepflegte katholische Kirche. Hier lebten bis 1945 ca. 700 Deutsche, jetzt etwa 400 Polen. Bei diesen Polen handelt es sich überwiegend um Familie, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat in Ostpolen und der Ukraine vertrieben wurden.

Einige Wohnhäuser und Gebäude im Dorf wurden inzwischen von den polnischen Bewohnern erneuert bzw. renoviert, aber an vielen Stellen sah es so aus, als sei die Zeit vor siebzig Jahren stehen geblieben.

Das Gelände, auf dem früher das Hauptgebäude des Gutes von Treskow stand, war leider nicht zugänglich. Dort lässt ein privater Investor z. Zt. ein Hotel bauen. Besonders schade war es, dass wir die katholische Dorfkirche nur von außen ansehen konnten. Vor den beiden Eingängen wurden gerade die Stufenanlagen erneuert und die Bauarbeiter hatten frischen Zement gegossen. Wir machten aber ein Erinnerungsfoto vor dem großen Kreuz auf dem Kirchplatz. Unser Mitreisender, Herr Hilmes, zeigte uns In der Nähe der Kirche den Platz, wo sein Elternhaus gestanden hat in dem er bis zu seinem fünften Lebensjahr gelebt hat. Wir führen zum Haus einer Familie, zu der Familie Hilmes bis heute Kontakt hält. Leider war die Zeit für das Wiedersehen nur kurz bemessen.

Dann suchten wir in der „Appelallee“ das ehemalige Anwesen der Familie Thien. Die jetzt dort wohnende polnische Familie hatte das Haupthaus inzwischen renoviert . Scheune und Schuppen waren aber kaum verändert und erinnerten an alte Zeiten. Ein Reiseteilnehmer und Zeitzeuge, der gebürtig aus Giesenbrügge stammt, wurde von den polnischen Bewohnern eingeladen, das Haus in dem er geboren wurde, zu besichtigen.

Dann suchten wir den etwas außerhalb des Dorfes gelegenen Friedhof auf. Die meisten Grabstätten der deutschen Siedler sind inzwischen eingeebnet worden. Es wurde jedoch in den 90er Jahren von ehemaligen Siedlern ein von einem polnischen Bauern gestifteter großer Findling als Gedenkstein für die Verstorbenen Deutschen errichtet. Dort legten wir ein Blumengesteck zur Erinnerung nieder.

Die weiten Getreideflächen, durch die unsere Fahrt dann führte, ließen ahnen, wie gut und ertragreich der Boden in der Gegend ist und welche guten Bedingungen die deutschen Siedler, besonders aus dem damals eher ärmlichen Emsland, hier seinerzeit vorfanden .

In dem idyllischen Ort Berlinchen jetzt Barlinek, an einem See gelegenen, machten wir eine Mittagspause.

Dann führte die Fahrt weiter durch eine sehr waldreiche Gegend nach Chrapowo früher Hohengrape. Dort besuchten wir die Kirche und den Friedhof, das ehemalige Gehöft der Familie Thuinemann (Mutter der Familie Thien), sowie Nachbarn der Familie Thuinemann. Einige mitreisende Mitglieder der Familie Thien suchten eine polnische Familie auf, zu der auch heute noch Kontakt besteht. Sie wurden herzlich empfangen und bewirtet. Andere Fahrtteilnehmer stießen bei der Erkundung des Dorfes auf eine Imkerin. Ihr leckerer Honig wurde als Gruß aus der alten Heimat für die Familienangehörige im Emsland gekauft.

Nach einem ereignisreichen Tag mit vielen beeindruckenden Begegnungen ging die Fahrt mit ein wenig melancholischer Stimmung durch die schöne Landschaft Pommerns nach Stettin zurück.

Am Samstagvormittag zeigte Peter uns bei einer Stadtrundfahrt die Sehenswürdigkeiten Stettins. Beim Besuch des riesigen Zentralfriedhofs waren wieder viele Spuren der Vergangenheit zu entdecken. Viele alte Grabanlagen trugen deutsche Namen. Eine Schifffahrt durch den Stettiner Hafen rundete die Besichtigungen ab. Am Abend begleitete Peter uns zu einem Restaurant im Stettiner Schloss zu einem netten Abschiedsessen.

Am frühen Sonntagmorgen machten wir uns auf die Heimfahrt an Berlin, Magdeburg und Helmstedt vorbei. Am späten Nachmittag trafen wir wieder in Langen ein.

Diese besondere Reise wird allen Fahrtteilnehmern sicherlich in Erinnerung bleiben. Sie hat uns allen wieder einmal vor Augen geführt, was Krieg, Vertreibung und Verfolgung angerichtet haben.

Auf geht´s nach Stettin im Hochsommer 2016

Auf geht´s nach Stettin
*Frühstück auf dem Parkplatz

Frühstück auf dem Parkplatz “Allertal”

Grenze nach Polen überquert

Ausstieg vor dem Hotel

Nach 750 km ist unser Ziel erreicht: Stettin

Unser Reiseführer in Stettin

Stettiner Haff (Wolin)

Das Centrum von Swinemünde

Ostseestrand Misdroy

Abkühlung in Swinemünde

Na denn, Prost!